127. Deutscher Ärztetag: Ärzt:innen wollen im Team arbeiten – mit Physician Assistants!

In der Diskussion zum „Dialogforum Junge Ärztinnen und Ärzte“ im Vorfeld des 127. Deutschen Ärztetages in Essen wurde deutlich, dass interprofessionelle und teamorientierte Versorgung von Patientinnen und Patienten die Zukunft darstellt. Diese Teamarbeit sei nicht nur notwendig, sondern unabdingbar, so das Ergebnis der Veranstaltung „Besser (be)handeln im Team“ der Bundesärztekammer.

Eine Live-Umfrage unter 150 Teilnehmenden zeigt, dass sich ein Großteil der nachwachsenden Ärztegeneration eine Verstärkung der kooperativen Formen der Zusammenarbeit sowie eine Arbeitsteilung mit anderen Berufsgruppen des Gesundheitswesens wünscht. Der Umfrage zufolge können sich 65 Prozent der angehenden und jungen Ärztinnen und Ärzte medizinische Versorgungsangebote durch Physician Assistants (PA) oder Community Health Nurses im Vorfeld einer ärztlichen Versorgung vorstellen. 71 Prozent wären sogar bereit, zur ärztlichen Entlastung Aufgaben auch dauerhaft an andere Berufe abzugeben, so der Präsident der Ärztekammer Hamburg Pedram Emami. Fazit der Umfrage: 87 Prozent der Befragten wünschen sich Veränderungen in der Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen.

„In der Klinik- und Praxisalltag ist interdisziplinäre, teamorientierte Zusammenarbeit längst Realität. Damit sind wir groß geworden“, so Mira Maßbach, Mitglied im Ausschuss Junge Ärztinnen und Ärzte, ärztliche Arbeitsbedingungen der Ärztekammer Nordrhein und Mitglied im Bündnis junger Ärztinnen und Ärzte. Es müsse aber klar festgelegt und kommuniziert werden, wer welche Kompetenzen und Verantwortlichkeiten habe.

Aktuell sind nur wenige Konzepte vorhanden, die die interprofessionelle Zusammenarbeit im Gesundheitswesen regeln. Ein negativer Einflussfaktor ist dabei das traditionell verwachsene Hierarchieverständnis. Innerhalb der jüngeren Ärzteschaft seien die Hierarchien flacher geworden, man duze sich mit den Angehörigen der anderen Gesundheitsberufe und schaue, wie die jeweiligen Kompetenzen am besten umgesetzt werden könnten, so Melissa Camara Romero, Co-Vorsitzende des Ausschusses Junge Ärztinnen und Ärzte, ärztliche Arbeitsbedingungen.

Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit brauche man aber eine Idee, was der andere selbstständig erledigen könne und wo die Grenzen liegen. Die Kompetenzen anderer Gesundheitsfachberufe im Alltag einzuschätzen, stelle für junge Ärztinnen und Ärzte eine große Schwierigkeit dar.

Auch Faßbach betont, dass es wichtig ist, alte Denkmuster abzulegen. Darüber hinaus merkt er an, dass neben Ärztinnen und Ärzten auch andere Gesundheitsberufe ihre Kompetenzen einbringen dürfen – und das mit bzw. neben der Leitung der Ärztinnen und Ärzte.

In einem interprofessionellen Team ist eine gute Kommunikation essentiell. „Als zentrale Rolle im interprofessionellen Team muss der Arzt oder die Ärztin nicht nur mit den Patientinnen und deren Angehörigen kommunizieren, sondern eben auch im Team“, so Camara Romero. Diese Kommunikationsfähigkeit kann und muss im Studium aufgegriffen und vertieft werden.

Innerhalb des interprofessionellen Teams tragen die Ärztinnen und Ärzte die Endverantwortung, dennoch ist besonders hier die Berücksichtigung aller Sichtweisen notwendig. Für Steffen Veen, ebenfalls Co-Vorsitzender des Ausschusses „Junge Ärztinnen und Ärzte, ärztliche Arbeitsbedingungen“ der Ärztekammer Nordrhein, ist klar, dass Ärztinnen und Ärzte auch hinsichtlich des Fachkräftemangels in Zukunft mehr mit anderen Gesundheitsberufen zusammenarbeiten müssen.

Für eine vielversprechende interprofessionelle Zusammenarbeit ist deren Ausgestaltung maßgeblich relevant. Hier stellt die Ökonomisierung ein großes Risiko dar, warnt Veen.

In diesem Zug stellte Henrik Herrmann, Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein und Co-Vorsitzender der Ständigen Konferenz „Ärztliche Weiterbildung“ der Bundesärztekammer, fünf Thesen zur Weiterentwicklung der Weiterbildung auf, die eng mit der Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsfachberufen verknüpft sind:

  • Die Notwendigkeit einer neuen Weiterbildungs- und Feedbackkultur
  • Eine bessere Vorbildfunktion der Weiterbildungsbefugten
  • Eine Reduzierung der fachlichen Inhalte der Weiterbildung und im Umkehrschluss einen Aufbau von mehr sozialen, kommunikativen sowie Führungskompetenzen in der Weiterbildung zur Erleichterung der Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen
  • Eine Verstärkung von möglichst interdisziplinären Simulationstrainings in der Weiterbildung, in denen verschiedene Situationen geübt werden können, so z.B. Führungsrollen
  • Die Entlastung des ärztlichen Bereichs durch andere Gesundheitsberufe und dadurch die Erschaffung von Ressourcen und Raum für die Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten

Wichtig hervorzuheben ist, dass Herrmann andere Gesundheitsfachberufe wie den Physician Assistant (PA) nicht als Konkurrenz, sondern als gute Unterstützung des ärztlichen Teams sieht.

Auch der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, stimmt dem zu und betont erneut die Notwendigkeit einer klaren Aufgabenverteilung. Die Entstehung neuer Gesundheitsberufe sieht Henke positiv. Dennoch weist er auf die Problematik hin, dass Schnittstellen entstehen können, die neuen Abstimmungsbedarf zwischen den verschiedenen Berufsgruppen auslösen und dadurch Auswirkungen auf die ärztliche Praxis haben.

Mit der Aufgabenteilung und Zusammenarbeit der Berufe im Gesundheitsbereich hat sich auch die Bundesärztekammer beschäftigt, wie Erik Bodendieck, Präsident der Sächsischen Landesärztekammer und Vorsitzender einer Arbeitsgruppe „Zukünftiges Rollenverständnis der Ärzteschaft in einer teamorientierten Patientenversorgung“, auf dem Forum erläuterte. So seien im August 2020 Thesen zur Kooperation zwischen Ärzteschaft und Gesundheitsfachberufen verabschiedet und auf dem 125. Deutschen Ärztetag vorgestellt worden.

Die Entwicklungen der vergangenen Jahre, so z.B. die Akademisierung von Gesundheitsfachberufen oder die Entstehung neuer Berufe, seien unumkehrbar, so Bodendieck. Durch Aktualisierungen der Berufsgesetze sowie der Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen käme es an vielen Stellen zu Erweiterungen der Kompetenzen bestehender Berufe. Grundsätzlich ist die Ärzteschaft dem gegenüber positiv gestimmt, dennoch dürfe sie ihre zentrale Rolle in der Patientenversorgung nicht vergessen.

Quelle:Junge Ärztinnen und Ärzte wollen im Team arbeiten – 15.05.2023; aerzteblatt.de – https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/143170/Junge-Aerztinnen-und-Aerzte-wollen-im-Team-arbeiten?utm_source=dlvr.it&utm_medium=linkedin

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