Was macht ein Physician Assistant in der Notfall- und Intensivmedizin?

Julian ist Physician Assistant in der Notfall- und Intensivmedizin und hat sich unseren Fragen gestellt. Das Interview über seinen Berufsalltag findet Ihr unten. Fragen zum Interview oder an Julian könnt Ihr gerne in die Kommentare schreiben.

Warum hast Du Dich für das Studium zum Physician Assistant entschieden ?

Ich habe mich für das Berufsbild des PA entschieden, da es lange Zeit mein Traum war im OP zu stehen, um bei lebensverändernden Operationen assistieren zu können.

An welcher Universität/Fachhochschule hast Du studiert und warst Du zufrieden mit dem Studium ?

Ich habe an der Fliedner Fachhochschule studiert. Mit dem Studium war ich im Großen und Ganzen sehr zufrieden. Durch die geringe Zahl an Studenten pro Semester entstand ein sehr familiäres Verhältnis, welches durch das nette Zusammenleben mit den Dozenten weiter bestärkt wurde.

Fühltest Du Dich gut vorbereitet auf Deine jetzige Tätigkeit ?

Die Frage ist für meinen aktuellen Job etwas schwierig zu beantworten. Das Studium der Medizinischen Assistenz – Chirurgie war darauf ausgelegt, Medizinassistenten für einen späteren Job in der Chirurgie auszubilden. Ich denke, dies ist gut gelungen. Ich habe jedoch im März 2019 in der Notfall- und Intensivmedizin angefangen und bin dort primär in der Notaufnahme unterwegs. Die notfallmedizinische Behandlung in der Chirurgie fiel mir aufgrund meines Studiums nicht schwer, doch internistisches Fachwissen sowie intensivmedizinisches Fachwissen musste ich mir im Verlauf selbstständig oder mit Hilfe meiner Oberärzte aneignen.

Welche Inhalte hättest Du Dir noch gewünscht ?

Für meinen Start ins Berufsleben wäre ein größeres Grundwissen im Bereich der Inneren Medizin eine große Erleichterung gewesen. Auch wenn der Schwerpunkt der Medizinischen Assistenz – Chirurgie selbsterklärend in der Chirurgie liegt, denke ich, dass ein größerer Wissenspool im Bereich der Inneren Medizin dennoch nicht geschadet hätte. Viele Patienten im chirurgischen Bereich haben nicht nur eine Erkrankung, die chirurgische Intervention benötigt, sondern haben weitere Vorerkrankungen. Durch ein größeres Vorwissen würde es einem MAC einfacher fallen einschätzen zu können, wie schwer vorerkrankt ein Patient tatsächlich ist.

Wie kamst Du zu Deiner aktuellen Stelle und wie gelang Dir der Start ins Berufsleben ?

Meine jetzige Stelle habe ich damals in einem Jobportal gefunden. Der Start im ersten Job war zugegeben etwas holprig. Ich habe zunächst primär im chirurgischen Teil der Notaufnahme gestartet und auch wenn ich bereits geringes Vorwissen hatte, ist die Notaufnahme kein einfaches Pflaster. In der Notaufnahme herrscht dauerhaft Stress, man muss sich gleichzeitig auf mehrere Patienten und deren Erkrankungen konzentrieren können und darf dabei weder etwas vergessen noch einen Fehler machen. Bis ich es geschafft habe mehrere schwer kranke Patienten zu versorgen, ohne dass ich jedes Mal Schweißperlen auf der Stirn hatte und gebetet habe, dass mein Patient nicht instabil wird, vergingen einige Wochen.

Wie sieht Dein normaler Arbeitsalltag aus ?

Mein Tag beginnt in der Notaufnahme zwischen 8 und 13 Uhr, je nach Schicht, die ich an diesem Tag habe. In der Regel wird es gegen 10 Uhr langsam voll in unserer Notaufnahme. Kommt ein Patient mit Rettungsdienst in unsere Notaufnahme bin ich zunächst bei der Übergabe dabei, wo auch die Pflege, ein Assistenzarzt und optional ein Oberarzt anwesend ist. Während der Patient nach der Übergabe umgelagert und pflegerisch versorgt wird, verschaffe ich mir am PC einen Überblick über Vorerkrankungen, Medikamente, geplante Procedere etc. Im Anschluss gehe ich zum Patienten, erhebe Anamnese, führe eine klinische Untersuchung durch, sehe mir das EKG an, mache ggf. ein Ultraschall und beginne mit der Briefschreibung, während ich danach auf Labor, Bildgebungen o.ä. warte. Wenn ich alle Informationen beisammen habe, vervollständige ich meinen Arztbrief und gehe danach zu einem Assistenzarzt oder Oberarzt und stelle den Patienten erneut komplett vor und bespreche dann mit dem zuständigen Arzt, ob er mit meinen Diagnosen, Therapieempfehlungen, Medikamentenanpassungen etc. einverstanden ist und/oder ob es Dinge gibt, die noch einen kleinen Feinschliff benötigen. Möchte ich meinem Patienten zwischendurch Medikamente verabreichen, spezielle Bildgebungen durchführen oder, wenn bei mir eine Frage aufkommt, bespreche ich dies zwischendurch ebenfalls mit dem zuständigen Arzt. Somit behandle ich den Patienten meist nahezu komplett selbstständig und kann den diensthabenden Arzt entlasten, sodass er am Ende nur noch mal zum Patienten gehen muss und über den Brief schauen muss, um sicherzustellen, dass ich nichts übersehen oder vergessen habe. In Notfallsituationen fallen unter meine Tätigkeiten Dinge, wie arterielle BGAs, das legen einer arteriellen Blutdruckmessung, ZVKs-Anlage, weitere venöse Zugängen, eine FAST oder E-FAST Sonographie, das Richten von Infusionen/Transfusionen usw..

Hattest Du die praktischen Fähigkeiten bereits vor Antritt der Stelle oder wurden Sie Dir beigebracht ?

Die praktischen Fähigkeiten wurde mit größtenteils im Arbeitsleben beigebracht. Venöse Zugänge mit oder ohne Blutabnahme oder die Wundversorgung, wurden mir natürlich schon im Studium beigebracht.

Welche Qualifikationen sind Deiner Meinung nach wichtig für einen PA in der Notfall- und Intensivmedizin?

Es ist für einen PA sehr wichtig, dass er bereit ist, sich dauerhaft neues Wissen anzueignen, um stetig besser zu werden (dies gilt natürlich für jedes Berufsfeld). Gleichzeitig sollte er ein gutes Verhältnis zur Pflege und dem eigenen ärztlichen Team hegen, da wir in gewissermaßen doch als Bindeglied zwischen der ärztlichen und pflegerischen Profession agieren. Besonders wichtig für einen PA ist die Zuverlässigkeit. Jeder PA handelt am Ende im Auftrag einen Arztes, der primär bei Fehlern haftet. Der Arzt muss sich blind auf die Fähigkeit eines PAs verlassen können. Auch muss er sich darauf verlassen können, dass seine Anweisungen genau befolgt werden und dass der PA weiß, wo seine eigene Grenzen liegen und er den Arzt zu Hilfe holen muss.

Gibt es Aufgaben die Du außerhalb deiner Routinetätigkeiten als PA in der erledigst ?

Normalerweise habe ich keine anderweitigen Tätigkeiten außerhalb der Patientenversorgung. Als Covid-19 zum ersten Mal Thema wurde und sich der Beginn einer Pandemie abzeichnete, war ich viel mit der Vorbereitung auf die kommende Zeit beschäftigt. Ich habe mit meinen Oberärzten Flow Charts als Hilfestellung für unsere Ärzte entwickelt, habe am Pandemieplan mitgewirkt, war bei der Entwicklung eines Screeningkonzeptes für Patienten dabei, war bei vielen organisatorischen Dingen, wie der Einführung einer „Corona-Ambulanz“ für Mitarbeiter beschäftigt und habe Mitarbeiter im Screeningkonzept geschult. Oftmals war neben meinen Oberärzten ich Ansprechpartner bei Fragen rund um Covid und möglichen Verdachtsfällen.

Wie kam das Berufsbild bei anderen Berufsgruppen an ?

Das Berufsbild des PA ist in unserem Krankenhaus sehr beliebt. Insgesamt sind rund 16 PAs – teils fertig ausgebildet, teils noch im Studium – in unserem Krankenhaus in den verschiedensten Abteilungen unterwegs und es werden stetig mehr.

Strebst Du einen Masterstudiengang an ?

Aktuell strebe ich keinen Masterstudiengang an. Ich habe eine super tolle Abteilung, die mich sehr schätzt und extrem fördert. Meine ärztliche Kollegen hegen gegenüber mir ein großes Maß an Vertrauen. Dadurch darf ich extrem viele ärztliche Tätigkeiten übernehmen, was meinen Arbeitsalltag sehr spannend macht. Das Wissen, was ich benötige erlerne ich mit meinen Oberärzten und den diensthabenden Assistenzärzten zusammen. Aktuell eröffnet mir der Masterstudiengang keine weiteren Möglichkeiten in meiner Abteilung. Ich erhalte nicht automatisch mehr Gehalt oder darf dadurch andere Tätigkeiten durchführen. Zudem ist ein Masterstudiengang derzeit mit erneut sehr hohen Kosten verbunden, die ich aktuell nicht bereit bin auszugeben. Dies kann sich natürlich noch ändern, falls sich die politische Situation bezüglich unseres Berufsbildes in den nächsten Jahren ändert und PAs ein größeres Maß an Aufgaben und Verantwortung zugeschrieben wird.

Hast Du eine Zukunftsvision für das Berufsbild ?

Ich hoffe sehr, dass sich unser Berufsbild in Deutschland weiter entwickelt und wir irgendwann eine ähnliche Stellung haben, wie es PAs in den Niederlanden oder den USA haben. Ich denke unser Gesundheitssystem würde enorm davon profitieren.

Welche Empfehlung kannst Du PA-Student:innen geben ?

Jedem PA kann ich nur mitgeben, dass er sich anfangs im Berufsleben nicht unterkriegen lassen sollte. Uns passieren allen Fehler und es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, auch wenn mancher Arzt einen manchmal so zusammenstaucht, als wäre er selbst nie in solchen Situationen gewesen. Und niemand sollte sich davon entmutigen lassen, falls es doch einen Arzt geben sollte, der keine PAs möchte und eure Hilfe ablehnt. Es gibt genügen Ärzte, gerade Assistenzärzte, die um jede Hilfe dankbar sind und euer Wissen und Können sehr zu schätzen wissen.

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